Achtsamkeit
Mit dem Begriff „Achtsamkeit“ habe ich mich lange Zeit schwer getan. Vor ein paar Jahren ist dieses Wort und der Zustand, den es beschreibt in Mode gekommen. Und Modetrends gegenüber bin ich immer kritisch eingestellt.
Schon beim Erwähnen des Wortes, hatte ich das Gefühl, dass mir mit dem Zeigefinger gedroht würde: „Bist du auch achtsam genug?“ Das erinnert mich an die Kindheitsfrage „Seid ihr auch schön artig gewesen? -Hohoho“.
Möglicherweise liegt es daran, wie ich mit dem Wort das erste Mal konfrontiert wurde. Vor einigen Jahren als noch recht junge Mutter, die verzweifelt versucht Muttersein, Ehefrausein, Haushalt, Beruf, Freundschaften, Berufungen, Zeit mit Gott und Augenblicke für sich, unter einen Hut zu bringen, bekam ich ein Büchlein zu eben diesem Thema geschenkt. Es ging um Achtsamkeit im Alltag.
Es war ein gut gemeintes Geschenk, das wusste ich. Doch zu diesem Zeitpunkt hatte ich das Gefühl: Das soll ich auch noch machen? Achtsam die herunter rinnende Milch vom Tisch wischen, achtsam versuchen drei Kleinkinder in Wintermontur zu zwängen und achtsam die Scheiben des Autos von Eis befreien, obwohl die Finger steif gefrieren und der Zeiger der Uhr schon anzeigt: Der Kindergarten beginnt in 2 Minuten (Im Waldkindergarten gibt es feste Bring- und Holzeiten).
In solchen Situationen den Moment genießen, wahrnehmen was im Jetzt ist und nicht gedanklich schon wo anders sein, das ist eine richtige Herausforderung für mich.
Mit den Jahren ist mir das Wort immer häufiger begegnet und auch mein Bücherregal hat noch das ein und andere Buch zu diesem Thema erhalten. Ganz gelesen habe ich sie (noch) nicht, doch angelesen. Und ich kann in der Zwischenzeit verstehen, dass Achtsamkeit eine wertvolle Eigenschaft ist. Sie scheint Seele, Geist und ich glaube auch unserem Körper gut tut. Vergleichbar mit einer Meditation. Praktisch meditierend durch den Alltag.
Auch jetzt noch, muss ich mich bei oben beschriebenen Szenen im Alltag sehr zusammen nehmen, um nicht in Stress und Hektik zu verfallen. Es kostet mich Kraft, um gedanklich inne zu halten und mich auf mein Tun zu konzentrieren.
Doch wenn mir das gelingt, merke ich, dass ich ruhiger werde. Noch eben vorherrschender Zeitdruck fällt langsam ab. Was soll`s, denke ich dann, ich laufe mit meinem Kind im Wald den Erzieherinnen und der Kindergartengruppe ein Stück hinterher.
Bei näherem Überlegen muss ich an Jesus denken. Ich glaube auch er war ein achtsamer Mensch. Wenn ich Geschichten über ihn lese, dann wird er als sehr aufmerksamer Mensch beschrieben, der meist ganz im Hier war und sich Zeit genommen hat für seine Mitmenschen, aber auch ganz bewusste Zeit mit Gott und sich alleine gesucht hat. Er konnte sich dem Trubel hingeben und eine Masse von Menschen bedienen und dann auch wieder Orte der Ruhe suchen.
Achtsame Menschen sind im Hier und Jetzt, sie bewerten nicht, ihre Gedanken dürfen ruhen, denn was war und was sein wird, ist nicht relevant für den Augenblick.
Dem Thema Achtsamkeit muss ich mich aktiver zuwenden. Es würde mir viel Kraft, Ärger, Stress und Kopfschmerzen ersparen, wenn ich mehr Momente der Achtsamkeit in mein Leben lassen würde.
So versuche ich beim Laufen bewusst das Rauschen der Bäume zu hören und den Wind im Gesicht zu spüren, die kalte, beißende Winterluft einzuatmen und die angewärmte Luft aus den Lungen auszuatmen.
Einfach nur in dem Moment sein.
Und ich spüre, wie ich ruhiger werde, mehr in mir ruhe, mehr Gott spüre.
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