Zu Gott kommen

Wütend schnappe ich mir meine Jacke und gehe raus.
Meine Gedanken sind alles andere als gnädig.
Es gibt Tage, da zweifel ich meine Mitmenschen und das Zusammenleben mit ihnen an: Man kann es keinem Recht machen und wenn ich selber im falschen Ton antworte, bekomme ich es doppelt und dreifach – nein, in meinem Fall vierfach zurück.
Sollen die doch ihren Kram ohne mich machen! Ich bemühe mich täglich hier alles am Laufen zu halten, achte darauf, dass jeder gesehen und wahrgenommen wird, keiner in Schubladen gesteckt wird. Ich versuche auch selbstkritisch mein Handeln zu überdenken und zu ändern. Aber es scheint nicht zu reichen. Es kommt trotzdem ab und zu zu explosionsartigen Entladungen in unserer Familie.

Und während ich durch die schneidende Kälte stapfe und meine Familie innerlich anklage, kommen Zweifel. Möglicherweise liegt es doch großteils an mir. Ich bin zu ungeduldig, erwarte, ohne es zu kommunizieren, Dinge von meinen Mitmenschen, von denen sie nichts wissen und bin dann sauer. Ich bin nicht gut als Ehefrau, Mutter und weiter geblickt als Schwiegertochter und überhaupt eine völlige Fehlkonstruktion…
Eine Fehlkonstruktion Gottes. Klagend blicke ich Ihn an: Wieso kannst du uns Menschen nicht perfekt machen? Wieso lässt du Streit und Missverständnisse zu? Nicht nur in unserer Familie auch weltweit - Kriege, Not,Leid? Warum wolltest du den ersten Sündenfall von Adam und Eva, mit dem all unser Leid anfingt, nicht verhindern?

Nun bin ich schon 4 km unterwegs und ich kann nicht behaupten, dass meine Gefühle, trotz Kälte, abkühlen. Ich bin immer noch so richtig in Fahrt. Innerlich rufe ich zu Jesus: Zeigt dich mir, zeig dich uns doch! So richtig, dass wir Blinden dich sehen. So wie früher im alten Testament, als Feuersäule, als Sturm, im Wasser… Wir sind zu überladen mit anderem, um deine stillen Zeichen zu sehen, hören oder fühlen.

Endlich hebe ich meinen Blick und nehme die Bäume wahr. Mir fällt eine Meditationsübung von meinem Klosterwochenende im Sommer ein. Ein meditativer Spaziergang: Durch die Natur gehen, nur wahrnehmen, aber nicht bewerten, der Atmung lauschen, mit gleichmäßigem Schritt voranschreiten.
Erstmal will ich nur bis zur nächsten Biegung so wertneutral durch den Wald laufen. Doch schnell merke ich wie gut es mit tut. Auch wenn es nicht leicht ist, wertneutral durch den Wald zu laufen. Anfangs fangen beim Anblick eines Baumes meine Gedanken wieder an zu kreisen. Ich habe die Biegung schon lange hinter mir gelassen und nach einigen Minuten in einen Rhythmus gefunden zwischen Atmung und Schritten.
Ruhe macht sich breit.
Zufriedenheit und Dankbarkeit.

Und als ich auf einen Weg stoße, den ich schon mit meiner Familie gelaufen bin, macht mein Herz einen freudigen Hüpfer: Ich liebe mein Leben, meine Familie und das Leben hier auf der Erde und bin dankbar, dass ich hier sein darf!

Ich muss schmunzeln – da war Er wieder mal.
Ganz leise.
In der Stille.
Dann, als ich nicht mehr laut war, hat Er mich an die Hand genommen.
Mich versöhnt mit meinen Mitmenschen.
Mein Herz gnädig gestimmt.

Jesus Christus spricht:
Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen!
(Johannas6;37)

Für das neue Jahr wünsche ich auch euch viele Begegnungen mit Gott. Sie sind so heilsam!


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